Samstag, 24. Januar 2009
 
Seltener wählen ist geil PDF Drucken E-Mail
Geschrieben von Bernhard Redl   
Dienstag, 29. Mai 2007
Seltener wählen ist geil - Es gibt schon zuviel Demokratie im Land. Meint die Regierung. Die Initiative Demokratie mein hingegen, "Vier Jahre sind genug". Daß die Verlängerung der Legislaturperiode im Wahlkampf kein Thema war, ist symptomatisch für das Vorgehen der Parteien in seltener Einigkeit.

”Speed kills!” Das war im Jahr 2000 das Motto der schwarzblauen Regierung. Die jetzige Regierung verhält sich ähnlich – vor allem, wenn man ihre Verfassungspläne ansieht. Und das Beste daran: Diese Regierung verfügt über eine Verfassungsmehrheit im Nationalrat und kann damit schalten und walten wie sie will. So liegt seit 2.Mai die Regierungsvorlage zur Verlängerung der Gesetzgebungsperiode beim Verfassungsausschuß, vom Plenum des Nationalrats soll das Ganze noch vor dem Sommer beschlossen werden. Eine Miteinbeziehung des Bundesvolkes, von dem laut Verfassung ”alles Recht ausgeht” in diesem Staat, in der Frage, ob es statt aller vier nur mehr alle fünf Jahre die Zusammensetzung des Nationalrats bestimmen darf, ist natürlich nicht angedacht.

Vor der Wahl wurde immer wieder von einer Stärkung partizipativer Elemente gesprochen. Nach der Wahl wird die Gesetzgebungsperiode verlängert – das wäre ein interessantes Wahlkampfthema gewesen, aber nachdem alle Parteien dafür sind und man mit diesem Anliegen kaum Wählerstimmen hätte gewinnen können, bekommen wir das jetzt ganz zu Anfang der Amtsperiode serviert, in der Hoffnung, daß das die Wähler bald wieder vergessen haben werden.

Schließlich werden dank dieser Verfassungsänderung in der Zukunft diese Vergessensperioden noch länger sein können. Natürlich gilt der alte Spruch: ”Wenn Wahlen etwas verändern könnten, wären sie längst verboten!” Beispielsweise gab es seit 1986 nur Regierungen, in denen die ÖVP den Ton angab – unabhängig vom Wahlergebnis. Aber selbst wenn die SPÖ auch einmal Einfluß auf die Politik hatte, war sie ja doch nur eine Getriebene des Kapitals.

Aber dennoch ist diese vollkommen präpotente Art, den minimalen Einfluß, den wir durch Wahlen doch noch haben, noch weiter zu verschmälern, bezeichnend für das gesamte politische System. Denn eben das fast völlige Schweigen auch der Oppositionsparteien, die sich ja auch Wahlkämpfe ersparen und sich länger ihrer Positionen sicher sein können, aber auch das völlige Fehlen anderer politisch relevanter Institutionen, die sich für mehr Demokratie einsetzen, ist genauso erwartbar gewesen, wie aber doch auch erschreckend.

Erschreckend daran ist aber auch, daß ausgerechnet die FPÖ als einzige Oppositionspartei sich jetzt gefunden hat, dagegen zu opponieren – wodurch für viele Gutmenschen ein Protest gegen die Präpotenz der Regierung gleich mal wieder flach fällt. Und so lassen auch die Grünen wie so oft hier wieder aus: Seltener wählen sei ganz okay, wenn nur die Rechte der Opposition gestärkt würden, ist die Position Van der Bellens – also das alte Lied: Demokratie findet im Parlament statt, das Volk ist dabei wurscht. Ähnlich auch die Berichterstattung im ORF – ein ZiB2-Beitrag bestand lediglich aus den Interviews mit den Spitzenvertretern der Parteien plus dem Senf des ORF-Hauspolitologen, der das eigentlich auch ganz okay findet. Kritische Stimmen von außerhalb der classe politique gab es wieder einmal keine.

Doch es gibt diese kritischen Stimmen. Es haben sich ein paar Initiativen zusammengefunden, die als erstes eine parlamentarische ”Bürgerinitiative” einbringen wollen. Daneben soll alles getan werden, um ein wenig Öffentlichkeit für dieses Thema herzustellen und die Forderung nach einer Volksabstimmung zu lancieren. Ob damit angesichts des massiven politischen Willens von SPÖ und ÖVP, ihre Pläne durchzupauken, sowie des breiten Desinteresses der Bevölkerung eine echte Chance besteht, dieses Konzept des ”Bequemer Regierens” (wie Günter Traxler als einer der wenigen kritischen Medienleute im ”Standard” das nannte) noch abzuwenden, sei dahin gestellt.

Aber selbst dann ist ein Engagement in diese Richtung nicht umsonst, denn vielleicht wird ein paar Leuten mehr klar, wie sehr wir von der Herrschaft in diesem Land papierlt werden.

Bernhard Redl, Initiative Demokratie

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